19. März 2019

Seitdem wir am 18. Februar 2019 ( hier ) die Verwüstungen am Landgraben aufzeigten und die Rheinpfalz (Unterhaardter Rundschau) am 7.3.2019 berichtete, haben sich nicht wesentlich neue Information ergeben.
Wir wissen zwar (unsere Anfragen an obere, untere Naturschutzbehörde und die VG sind noch nicht beantwortet), dass unsere örtlichen Mandatsträger die Schreddermaßnahmen entlang dieses seit mindestens 15 Jahren unberührten Stückes Natur am Landgraben verantworten, über die Ausführung nicht glücklich sind, aber auf die mildtätige Natur hoffen, die diese Schäden in ein paar Wochen mit Grün überdecken werden. Sie sehen es aber als notwendig an, die Aktion alle zwei Jahre zu wiederholen. Nach 15jährigen Dornröschenschlaf soll dieses Stück Landgraben alle zwei Jahre wieder so aussehen wie jetzt? Im übrigen habe man keine Zeit und Geld mit Motor- und Handsäge diese Arbeit zu erledigen. Wer diese „Arbeit“ der Zerstörung vorgenommen hat, bleibt weiter im Dunkeln.
Eine Begründung, die auf gesetzlichen Vorschriften von Bundes-, bzw. Landesnaturschutz-Gesetz, den Vorschriften für die Unterhaltungspflege nach DIN 18919 oder auf einem etwa vorhandenen Pflegeplan beruht, wird nicht gegeben.
Die Metapher vom „Kriegseinsatz gegen die Natur“ (nicht „Kriegsführung“ – genaues Lesen muss schon sein) trifft in diesem Zusammenhang schon zu.
Frieden ist die Abwesenheit von Gewalt. Im Umkehrschluss bedeutet das doch, dass jemand, einfach weil er die Macht hat, Gewalt gegen jemanden einsetzt, der sich nicht wehren kann, eine im weitesten Sinn kriegerische Handlung vollzieht.
Das ist auf dem Pausenhof so, wo sich der Schulschläger, weil er dicke Muskeln hat und sich einer Gruppe Mitschläger versichern kann, nicht anders als im geopolitischen Rahmen, wo ein Staat – einfach, weil er die Machtmittel besitzt – schwächere Staaten mit Krieg überzieht und das als notwendigen Kampf für die Menschenrechte bezeichnet.
Weil die Natur – im zur Debatte stehenden Landgraben mit seinen von Ulrich Heinze gesetzten Erlenbeständen – machtlos ist gegen die Maschinengewalt von Menschen, denen für ihr Tun angeblich Geld und Zeit fehlen, wird sie in Schutz genommen vom Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutz – BNatSchG) und für uns in Rheinland-Pfalz vom Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) v. 2015.
Zu „Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege“ (§1) im LNatuSchG heißt es:
- Naturschutz verpflichtet Staat und Gesellschaft. Das Land sowie alle Personen und Einrichtungen des öffentlichen Rechts wirken darauf hin, eigene und von Dritten überlassene Grundstücke im Sinne der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) in der jeweils geltenden Fassung zu bewirtschaften und den Flächenverbrauch zu minimieren. Die öffentliche Zweckbindung eines Grundstücks bleibt davon unberührt. Die Verwirklichung der Ziele umfasst auch, dauerhafte Schäden an Natur und Landschaft zu vermeiden und, soweit unvermeidbar, möglichst gering zu halten und bei der Beseitigung von entstandenen Schäden das Verursacherprinzip zu beachten.
Im BNatSchG (§39) wird ausdrücklich auf den Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen hingewiesen:
(1) Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
(2) wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
(3) Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.
Das sind – sollte man meinen – gesetzliche, mühsam in einen allgemeinen Konsens erarbeitete Aussagen, die nach einem langen Gesetzentwicklungs- und -gebungsprozess Gültigkeit für die Gemeinschaft und damit auch für jeden Mandatsträger haben, der in diesen Zusammenhängen tätig wird – zumal er auf diese Gesetze vereidigt wurde.
Diese ganze unsägliche Geschichte der stupiden Eingriffe in die Natur ist uralt. Sie verfolgt uns seit Jahren. Wir zitieren mal aus unserem BLOG vom 27.2.2016:
„In unseren ökologisch rauen Gefilden sind wir`s gewohnt, dass Hecken- und Sträucherwerk entlang von Wegen gegen Februar mit Maschinengewalt zerhauen, gestutzt und geschreddert wird. Wir müssen zusehen, dass mit Kräutern, Gras und Blumen bewachsene „Betriebsgelände“ nach einem „Pflegeplan“ zweimal im Jahr ratzekahl kahl gemäht werden. Manchmal werden gesunde Bäume gefällt, manchmal verschwindet eine mit Steuergeldern bezahlte Streuobstwiese. All das natürlich aus bürokratisch gehärtetem guten Willen, aus Sicherheitsgründen und zur Verkehrssicherheit für überdimensionierte Traktoren und Vollernter – also zu unser aller Wohl: Wir haben`s nun einmal gern reinlich und bequem.“ – und kostengünstig.
Seit über 10 Jahren machen wir in diesem zu Debatte stehenden Gebiet am Landgraben fast jedes Jahr eine vogelkundliche Wanderung. Jedesmal wurde von den führenden Ornithologen der Reichtum und die Vielfalt der Vogelwelt nachgewiesen. Was HIER und HIER und auch HIER nachzulesen ist.
Man muss als Mandatsträger nun nicht unbedingt wissen, dass die Schweizer, was das Wesen, Befindlichkeit und angemessene Pflege von öffentlichen Pflanzen etwas weiter sind als wir – was wir bereits 2013 in unserem BLOG HIER ausführlich beschrieben haben.
Die Schweizer spinnen nicht, wenn sie – den Pflanzen – ausdrücklich Rechte zugestehen, weil die Pflanzen
- Lebewesen sind,
- den Tieren und uns verwandt sind, weil sie den langen Weg der Evolution bereits vor uns und mit uns gingen, sie stammen aus dem gleichen Zellmaterial der Urevolution,
- eine eigene, sehr langsame Lebensform mit eigener Empfindungsebene bilden
- und sie deshalb in unserer Welt eigene Anspruchsrechte haben.
Etwas von diesem Geist ist auch in unsere Naturschutzgesetze eingegangen. Das ist keine grüne Spinnerei, das beruht auf harten Ergebnissen der BioWissenschaften – und lässt sich bei Bedarf gern nachweisen.
Jeder Mandatsträger, der sich befugt fühlt, Maßnahmen in diesem alle Pflegemaßnahmen sprengenden Rahmen zu verantworten und durchzuführen, muss jedoch grundsätzlich über seine Zuständigkeiten informiert sein.
Die Pflege des Uferstreifens mit den von Ulrich Heinze in jahrzehntelanger Arbeit gepflanzten Erlen fällt nicht in die Zuständigkeit der Gemeinde. Der Gewässerschutzzweckverband in Lambsheim hat das bisher in diskreter Weise selbst besorgt. Weshalb Angehörige des Arbeitstrupps dieses Zweckverbandes, in der letzte Woche – vielleicht auf unsere Intervention hin? – nach dem Rechten schauten, und sich erstaunt zeigten über die angestellten Verwüstungen, deren Ergebnisse teilweise im Landgraben landeten und von ihnen mit Gabeln herausgeholt und am Uferstreifen niedergelegt wurden mussten.

Auch der Zugriff auf die dem Landgraben gegenüberliegende private Seite ist strittig. Als der hinter dem Zaun liegende Obsthof gegründet wurde, ist der Zaun nach innen auf das Grundstück zurückgezogen worden, damit vor ihm – also zum Weg hin – eine Reihe von Haseln, Wildkirschen u.a. gepflanzt werden konnte. Wenn das so ist – und die Verlaufslinie zwischen den Grenzsteinen könnte das vielleicht bestätigen -, dann wäre mit dem zur Debatte stehenden Maschineneinsatz private Anpflanzungen beschädigt worden.
Das Argument, dass die im Weg befindlichen Revisionsschächte der Abwasserrohre zum Pumpwerk östlich des Weges frei bleiben müssten, galt mindestens 10 Jahre nicht. Jedes zur Revision notwendige Fahrzeug hatte vorher ungehinderten Zugang und kein Landwirt hat diesen Weg je benutzt, weil er schlicht zu keinem Feld führt.
Also – die Begründungen der Mandatsträger für die von ihnen als notwendig betrachteten maschinellen Eingriffe stehen bisher auf nicht nachvollziehbarem Grunde.
Dieser Landgrabenabschnitt fällt unter „Unterhaltungspflege nach DIN 18919“, in der die Vegetationstechnik im Landschaftsbau grundgelegt und die Instandhaltungsleistungen für die Entwicklung und Unterhaltung von Vegetation (Entwicklungs- und Unterhaltungspflege) ausführlich – und mit Sicherheit orientiert an den Normen des BNatSchGesetzes – beschrieben und die also für öffentliche Maßnahmen ebenfalls bindend sind.
Wir als kleine Obersülzer Naturschutzgruppe Bach und Baum e.V. wollen niemand an den Pranger stellen.
Wir wollen nur, dass dieser völlig unnötige Eingriff in die Natur dieses Stückes Landgraben in Zukunft unterbleibt.
Wir wollen einen verbindlichen Pflegeplan, um einen etwaigen schonenden Beschnitt nach dem für zertifizierte Landschaftsgärtner entsprechend des BNatSchG aufgestellten Anforderungskataloges für die Unterhaltungspflegestufe dieses Habitates zu garantieren.
Wir wollen ihn deshalb verbindlich, weil unsere kleine „Naturschutzgruppe Bach und Baum e.V. Obersülzen“ gewissermaßen ein gebranntes Kind ist.
Vor Jahren musste die mit dichtem Schilf bewachsene Schilfkläranlage aufgegeben werden. Wir wollten das ökologisch wertvolle etwa 1/2 ha große Schilffeld erhalten wissen. In einer öffentlichen Bürgerversammlung wurde uns vom damaligen verantwortlichen Mandatsträger Niederhöfer versprochen, die dafür notwendige Bewässerung zu garantieren. Wir sollten ihm vertrauen, unsere Forderung nach einer schriftlichen Zusicherung sei doch deshalb nicht nötig.
Kein Tropfen Wasser – man ahnt es schon – ist in das wertvolle Schilffeld geflossen. Inzwischen ist es verschwunden und hat einer Brennnesselsteppe Platz gemacht, in dem ein Sprung Rehe ab und zu Unterschlupf finden kann.
2015 wurde gegen alles Recht eine Streuobstwiese südlich des Landgrabens mit einem Bagger zugunsten von ein paar kleinsten Bauplätzen abgeräumt. Auch damals will es niemand gewesen sein, der dem Baggerfahrer den Auftrag gegeben hat.
(Ganz nebenbei: Bis heute – seit 2015! – wird von uns moniert, dass noch immer einige der unrechtmäßig mit dem Bagger abgeräumten – später ersatzpflichtigen, aber nicht angegangenen – Bäume der Streuobstwiese nicht angepflanzt wurden. Die untere Naturschutzbehörde – so heißt es – ist bemüht.)
Und nun dieses Abholzen des Uferbewuchses und der damit verbundenen Zerstörung von 4 Meter hohen Erlen, die Ulrich Heinze vor Jahren gesetzt hat. Hinzu kommt die Zerschlägelung des Bewuchses mit Haseln, Wildkirschen u.a. auf oder an privatem Gelände auf der Nordseite des Weges.
Auch in Obersülzen stirbt die Hoffnung zuletzt – die Hoffnung, dass jahrzehntelanges Bachpaten-Engagement nicht weiter zerstört und andere Restbestände an Natur pfleglich – wie in den Naturschutzgesetzen vorgesehen – behandelt werden.
