Schachbrettfalter in Obersülzen – der Schmetterling des Jahres 2019

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Wer in den Monaten Juni und Juli  am  Morgen oder in der Abenddämmerung am Landgraben spazieren geht, kann diesen Tagfalter aus der Familie der Edelfalter erleben: – das Schachbrett (Melanargia galathea). Von Blüte zu Blüte flattert er, um Nektar zu tanken, am liebsten auf violetten Blüten, auf Flockenblumen,  Skabiosen,  Kratzdisteln u.a. 

Wer  ihn fotografieren will, muss  warten, bis er sich zufällig auf einer Blüte niederlässt.

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Beim Geotag der Artenvielfalt  in Obersülzen hat G. Turznik nach Vorbereitung  dieses Foto geschossen. 

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Nur im  Juni und Juli ist die Flugzeit dieses Augenfalters. Er tanzt nur einen Sommer könnte man sagen. Denn die längste Zeit seines Lebens als Falter (Imago) verbringt er verborgen,  als Raupe oder als Puppe.  

Der Schmetterling ist in Deutschland noch vergleichsweise häufig. Doch seine Lebensräume – nährstoffarme, blütenreiche Wiesenbereiche, die nicht vor Ende Juli gemäht werden –  sind  durch die intensive Landwirtschaft bedroht. Aufgrund von Düngung und einer frühen Mahd, sind solche Wiesen in Deutschland leider immer seltener geworden.

Durch die  Renaturierung des Landgrabens 2008  haben sich in Obersülzen Wiesenstandorte entwickelt,  wo genügend Blüten und Gräser vorhanden sind. Sie werden abschnittsweise, aber nicht vor Ende Juli gemäht und sind  eine gute Voraussetzung für den Fortbestand der Falter. Die Weibchen lassen ihre Eier einzeln zu Boden fallen, wo sie sich an Gräsern zu Larven, Raupen und Puppen entwickeln können, um im Mai des folgenden Jahres wieder als Falter schlüpfen zu können. 

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„Zarte Schönheit in schwarz-weiß“ nennt der Nabu den Schmetterling des Jahres 2019. Der Artname galathea erinnert an die schöne Nymphe, die vom einäugigen Riesen Polyphem begehrt wurde. Und die Schönheit der Galathée  in der Operette von Franz von Suppé ist so überwältigend, dass Pygmalion sie vor den Augen der anderen  verbergen muss. 

In Obersülzen hatten sich gar 5 solcher Schönheiten auf einer einzigen Distel versammelt.

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Die Aufnahme entstand am 21.6.2009 um 9.25  Uhr auf einem brachliegenden Acker. Heute verläuft dort die Stumpfwaldstraße. Eine  schöne Galathée wird man jetzt hier vergeblich suchen….

Wenn jedoch die Eh-da-Flächen  erst  Ende Juli oder auch versetzt gemäht würden, hätten Schachbrettfalter auch in Zeiten von Intensivlandwirtschaft eine Chance zur Vermehrung.  Wie es nicht sein sollte, demonstrieren  alljährlich die Verbandsgemeindewerke durch die frühe Totalmahd beim südlichen Regenrückhaltebecken.

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Text: Bernd Haas

Zum dritten Mal im Paradies

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Nach 2015  (BLOG 21.9.2015“Paradies ganz nah“) und 2017 (BLOG 14.5.2017 „Exkursion ins Paradies“) war am 25.5.2019 erneut eine kleine Gruppe unseres Vereins in Weinheim im Staudensichtungsgarten

Ein Besuch in diesem einzigartigen Garten lohnt sich jederzeit, zumal er für jedermann ganzjährig kostenlos zugänglich ist und dadurch die Möglichkeit besteht, die heimische und exotische Pflanzenwelt zu jeder Jahreszeit erleben zu können. 

200 Jahre ist es her, seit von Goethe der schöne Satz überliefert ist:  „Man erblickt nur, was man schon weiß oder versteht“.  Theodor Fontane, an dessen 200. Geburtstag wir 2019 erinnert werden, hat auch die Kurzfassung überliefert: „Man sieht nur, was man weiß“

Und wer wie wir mehr sehen will, vertraut sich gerne einer eigens für uns organisierten Führung an, die wie in den vergangenen Jahren Herr Luley vornahm. Dass dabei nicht alle 2500 Stauden des Gartens vorgestellt werden, versteht sich von selbst. Darum haben auch wir nur einige ausgewählt, die wir interessant fanden. 

Wer Blumen liebt,  kann  sich  an einem Garten erfreuen, der zu jeder Jahreszeit einen erfreulichen Anblick bietet. Wer bei dessen Anlage die natürlichen Bedürfnisse der ausgewählten Pflanzen an Licht, Boden und Wasser berücksichtigt  und entsprechend dicht pflanzt, erspart sich unnötige künstliche Bewässerung und verringert  das Aufkommen unerwünschter Pflanzen.  Manche Zeitgenossen tauschen ja  die Freude an reichem Blütenflor mit lebensfeindlichen Schottergärten („ Gärten des Grauens“)  und dem damit schließlich verbundenem mühsamen Reinigen von veralgtem und bemoosten Gestein. Denn wer auf versiegelten Flächen  Herbizide  ausbringt  macht sich strafbar.

Der Blumenhartriegel, ursprünglich in Nordamerika beheimatet und Staatsblume in den Staaten Missouri und Virginia.

Die heimische Nachtviole  als Wildpflanze seit Jahrhunderten kultiviert erfreut mit weißen oder violetten Blüten vor allem in den Abendstunden mit herrlichem Duft  nicht nur Menschen sondern auch viele Insekten.

Diptam  oder brennender Busch:  eine ausdauernde Pflanze  (Staude) die in der Landschaft unter Naturschutz steht  (am Asselheimer Hang kommt sie natürlich vor, wird  von Naturschutzgruppen jährlich frei geschnitten, weil der Schwarzdorn ihr das Leben schwer macht)  erfreut  bei richtigem Standort jeden Gärtner  und wird der Überlieferung nach mit dem brennenden Busch am Berg Horeb im 2. Buch Mose gleich gesetzt.

Ein Wolfsmilchgewächs im Topf – nicht winterhart, aber wunderschön anzusehen.

Zistrosen, aus dem Mittelmeerraum stammende  Sträucher, die  mit trockenem Klima gut zurecht kommen  und daher keine zusätzliche Bewässerung brauchen.

Nicht winterhart ist der Indigostrauch, aus dem im vergangenen Jahrhundert der  Farbstoff Anilin gewonnen wurde. Angeblich soll  an Montagen das Anilin verarbeitet worden sein, wodurch die Arbeiter mit blauen Kleidern nach Hause kamen, am blauen Montag …  so Herr Luley. Wer daran glaubt? 

Zu einem echten Garten gehört natürlich auch Wasser mit den dazugehörigen Pflanzen. Für uns Obersülzer interessant waren aber in erster Linie die quakenden Wasserfrösche (Grünfrösche),  die den Obersülzern zwar den Uznamen einbrachten, aber bisher in der freien Natur noch nicht (wieder) aufzufinden sind. 

Gelber Frauenschuh, heimische Orchidee, eine der prächtigsten Orchideen Europas, in allen Ländern unter strengem Naturschutz, nur an wenigen Standorten wild zu sehen..

Und weil an dem Blütenreichtum des Weinheimer Staudengartens sich Bienen  erfreuen, können Besucher auch deren Honig erwerben, der in der Imkerei geschleudert wird.

Bernd Haas

Bilder: B.Haas + Chr. Stiehl-Haas

Kriegseinsatz gegen die Natur am Landgraben (2)

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Seitdem wir am 18. Februar 2019 ( hier ) die Verwüstungen am Landgraben aufzeigten und die Rheinpfalz (Unterhaardter Rundschau) am 7.3.2019 berichtete, haben sich nicht wesentlich neue Information ergeben. 

Wir wissen zwar (unsere Anfragen an obere, untere Naturschutzbehörde und die VG sind noch nicht beantwortet), dass unsere örtlichen Mandatsträger die Schreddermaßnahmen entlang dieses seit mindestens 15 Jahren unberührten Stückes Natur am Landgraben verantworten, über die Ausführung nicht glücklich sind, aber auf die mildtätige Natur hoffen, die diese Schäden in ein paar Wochen mit Grün überdecken werden. Sie sehen es aber als notwendig an, die Aktion alle zwei Jahre zu wiederholen. Nach 15jährigen Dornröschenschlaf soll dieses Stück Landgraben alle zwei Jahre wieder so aussehen wie jetzt? Im übrigen habe man keine Zeit und Geld mit Motor- und Handsäge diese Arbeit zu erledigen. Wer diese „Arbeit“ der Zerstörung vorgenommen hat, bleibt weiter im Dunkeln.

Eine Begründung, die auf gesetzlichen Vorschriften von Bundes-, bzw. Landesnaturschutz-Gesetz, den Vorschriften für die Unterhaltungspflege nach DIN 18919 oder auf einem etwa vorhandenen Pflegeplan beruht, wird nicht gegeben.

Die Metapher vom „Kriegseinsatz gegen die Natur“ (nicht „Kriegsführung“ – genaues Lesen muss schon sein) trifft in diesem Zusammenhang schon zu.

Frieden ist die Abwesenheit von Gewalt. Im Umkehrschluss bedeutet das doch, dass jemand, einfach weil er die Macht hat, Gewalt gegen jemanden einsetzt, der sich nicht wehren kann, eine im weitesten Sinn kriegerische Handlung vollzieht.

Das ist auf dem Pausenhof so, wo sich der Schulschläger, weil er dicke Muskeln hat und sich einer Gruppe Mitschläger versichern kann, nicht anders als im geopolitischen Rahmen, wo ein Staat – einfach, weil er die Machtmittel besitzt – schwächere Staaten mit Krieg überzieht und das als notwendigen Kampf für die Menschenrechte bezeichnet.

Weil die Natur – im zur Debatte stehenden Landgraben mit seinen von Ulrich Heinze gesetzten Erlenbeständen – machtlos ist gegen die Maschinengewalt von Menschen, denen für ihr Tun angeblich Geld und Zeit fehlen, wird sie in Schutz genommen vom Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutz – BNatSchG) und für uns in Rheinland-Pfalz vom Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) v. 2015.

Zu „Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege“  (§1) im LNatuSchG heißt es:

  1. Naturschutz verpflichtet Staat und Gesellschaft. Das Land sowie alle Personen und Einrichtungen des öffentlichen Rechts wirken darauf hin, eigene und von Dritten überlassene Grundstücke im Sinne der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) in der jeweils geltenden Fassung zu bewirtschaften und den Flächenverbrauch zu minimieren. Die öffentliche Zweckbindung eines Grundstücks bleibt davon unberührt. Die Verwirklichung der Ziele umfasst auch, dauerhafte Schäden an Natur und Landschaft zu vermeiden und, soweit unvermeidbar, möglichst gering zu halten und bei der Beseitigung von entstandenen Schäden das Verursacherprinzip zu beachten.

Im BNatSchG (§39) wird ausdrücklich auf den Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen hingewiesen:

(1) Es ist verboten, wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,

(2) wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,

(3) Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.

Das sind – sollte man meinen – gesetzliche, mühsam in einen allgemeinen Konsens erarbeitete Aussagen, die nach einem langen Gesetzentwicklungs- und -gebungsprozess Gültigkeit für die Gemeinschaft und damit auch für jeden Mandatsträger haben, der in diesen Zusammenhängen tätig wird – zumal er auf diese Gesetze vereidigt wurde.

Diese ganze unsägliche Geschichte der stupiden Eingriffe in die Natur ist uralt. Sie verfolgt uns seit Jahren. Wir zitieren mal aus unserem BLOG vom 27.2.2016:

„In unseren ökologisch rauen Gefilden sind wir`s gewohnt, dass Hecken- und Sträucherwerk entlang von Wegen gegen Februar mit Maschinengewalt zerhauen, gestutzt und geschreddert wird. Wir müssen zusehen, dass mit Kräutern, Gras und Blumen bewachsene „Betriebsgelände“ nach einem „Pflegeplan“ zweimal im Jahr ratzekahl kahl gemäht werden. Manchmal werden gesunde Bäume gefällt, manchmal verschwindet eine mit Steuergeldern bezahlte Streuobstwiese. All das natürlich aus bürokratisch gehärtetem guten Willen, aus Sicherheitsgründen und zur Verkehrssicherheit für überdimensionierte Traktoren und Vollernter – also zu unser aller Wohl: Wir haben`s nun einmal gern reinlich und bequem.“ – und kostengünstig.

Seit über 10 Jahren machen wir in diesem zu Debatte stehenden Gebiet am Landgraben fast jedes Jahr eine vogelkundliche Wanderung. Jedesmal wurde von den führenden Ornithologen der Reichtum und die Vielfalt der Vogelwelt nachgewiesen. Was HIER und HIER und auch HIER nachzulesen ist.

Man muss als Mandatsträger nun nicht unbedingt wissen, dass die Schweizer, was das Wesen, Befindlichkeit und angemessene Pflege von öffentlichen Pflanzen etwas weiter sind als wir – was wir bereits 2013 in unserem BLOG HIER ausführlich beschrieben haben.

Die Schweizer spinnen nicht, wenn sie – den Pflanzen – ausdrücklich Rechte zugestehen, weil die Pflanzen

  • Lebewesen sind,
  • den Tieren und uns verwandt sind, weil sie den langen Weg der Evolution bereits vor uns und mit uns gingen, sie stammen aus dem gleichen Zellmaterial der Urevolution,
  • eine eigene, sehr langsame Lebensform mit eigener Empfindungsebene bilden
  • und sie deshalb in unserer Welt eigene Anspruchsrechte haben.

Etwas von diesem Geist ist auch in unsere Naturschutzgesetze eingegangen. Das ist keine grüne Spinnerei, das beruht auf harten Ergebnissen der BioWissenschaften – und lässt sich bei Bedarf gern nachweisen.

Jeder Mandatsträger, der sich befugt fühlt, Maßnahmen in diesem alle Pflegemaßnahmen sprengenden Rahmen  zu verantworten und durchzuführen, muss jedoch grundsätzlich über seine Zuständigkeiten informiert sein.

Die Pflege des Uferstreifens mit den von Ulrich Heinze in jahrzehntelanger Arbeit gepflanzten Erlen fällt nicht in die Zuständigkeit der Gemeinde. Der Gewässerschutzzweckverband in Lambsheim hat das bisher in diskreter Weise selbst besorgt. Weshalb Angehörige des Arbeitstrupps dieses Zweckverbandes, in der letzte Woche – vielleicht auf unsere Intervention hin? – nach dem Rechten schauten, und sich erstaunt zeigten über die angestellten Verwüstungen, deren Ergebnisse teilweise im Landgraben landeten und von ihnen mit Gabeln herausgeholt und am Uferstreifen niedergelegt wurden mussten.

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Auch der Zugriff auf die dem Landgraben gegenüberliegende private Seite ist strittig. Als der hinter dem Zaun liegende Obsthof gegründet wurde, ist der Zaun nach innen  auf das Grundstück zurückgezogen worden, damit vor ihm – also zum Weg hin – eine Reihe von Haseln, Wildkirschen u.a. gepflanzt werden konnte. Wenn das so ist – und die Verlaufslinie zwischen den Grenzsteinen könnte das vielleicht bestätigen -, dann wäre mit dem zur Debatte stehenden Maschineneinsatz private Anpflanzungen beschädigt worden.

Das Argument, dass die im Weg befindlichen Revisionsschächte der Abwasserrohre zum Pumpwerk östlich des Weges frei bleiben müssten, galt mindestens 10 Jahre nicht. Jedes zur Revision notwendige Fahrzeug hatte vorher ungehinderten Zugang und kein Landwirt hat diesen Weg je benutzt, weil er schlicht zu keinem Feld führt.

Also – die Begründungen der Mandatsträger für die von ihnen als notwendig betrachteten maschinellen Eingriffe stehen bisher auf nicht nachvollziehbarem Grunde.

Dieser Landgrabenabschnitt fällt unter „Unterhaltungspflege nach DIN 18919“, in der die Vegetationstechnik im Landschaftsbau grundgelegt und die Instandhaltungsleistungen für die Entwicklung und Unterhaltung von Vegetation (Entwicklungs- und Unterhaltungspflege) ausführlich – und mit  Sicherheit orientiert an den Normen des BNatSchGesetzes – beschrieben und die also für öffentliche Maßnahmen ebenfalls bindend sind.

Wir als kleine Obersülzer Naturschutzgruppe Bach und Baum e.V. wollen niemand an den Pranger stellen.

Wir wollen nur, dass dieser völlig unnötige Eingriff in die Natur dieses Stückes Landgraben in Zukunft unterbleibt.

Wir wollen einen verbindlichen Pflegeplan, um einen etwaigen schonenden Beschnitt nach dem für zertifizierte Landschaftsgärtner entsprechend des BNatSchG aufgestellten Anforderungskataloges für die Unterhaltungspflegestufe dieses Habitates zu garantieren.

Wir wollen ihn deshalb verbindlich, weil unsere kleine „Naturschutzgruppe Bach und Baum e.V. Obersülzen“ gewissermaßen ein gebranntes Kind ist.

Vor Jahren musste die mit dichtem Schilf bewachsene Schilfkläranlage aufgegeben werden. Wir wollten das ökologisch wertvolle etwa 1/2 ha große Schilffeld erhalten wissen. In einer öffentlichen Bürgerversammlung wurde uns vom damaligen verantwortlichen Mandatsträger Niederhöfer versprochen, die dafür notwendige Bewässerung zu garantieren. Wir sollten ihm vertrauen, unsere Forderung nach einer schriftlichen Zusicherung sei doch deshalb nicht nötig.

Kein Tropfen Wasser – man ahnt es schon – ist in das wertvolle Schilffeld geflossen. Inzwischen ist es verschwunden und hat einer Brennnesselsteppe Platz gemacht, in dem ein Sprung Rehe ab und zu Unterschlupf finden kann.

2015 wurde gegen alles Recht eine Streuobstwiese südlich des Landgrabens mit einem Bagger zugunsten von ein paar kleinsten Bauplätzen abgeräumt. Auch damals will es niemand gewesen sein, der dem Baggerfahrer den Auftrag gegeben hat.

(Ganz nebenbei: Bis heute – seit 2015! – wird von uns moniert, dass noch immer einige der unrechtmäßig mit dem Bagger abgeräumten – später ersatzpflichtigen, aber nicht angegangenen – Bäume der Streuobstwiese nicht angepflanzt wurden. Die untere Naturschutzbehörde – so heißt es – ist bemüht.)

Und nun dieses Abholzen des Uferbewuchses und der damit verbundenen Zerstörung von 4 Meter hohen Erlen, die Ulrich Heinze vor Jahren gesetzt hat. Hinzu kommt die Zerschlägelung des Bewuchses mit Haseln, Wildkirschen u.a. auf oder an privatem Gelände auf der Nordseite des Weges.

Auch in Obersülzen stirbt die Hoffnung zuletzt – die Hoffnung, dass jahrzehntelanges Bachpaten-Engagement nicht weiter zerstört und andere Restbestände an Natur pfleglich – wie in den Naturschutzgesetzen vorgesehen – behandelt werden.

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Wilde Kräuter – tiefe Genüsse

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Wer sich jahraus, jahrein – wie unsere kleine Naturschutzgruppe – bemüht, heimischen Vögeln Wohnraum zu schaffen, muss – schon aus Gründen des psychischen Gleichgewichts – auch mal für sich etwas tun.

Deshalb machte sich eine starke Gruppe von uns auf den Weg nach Lambsheim zur Wildkräutergärtnerin Ivonne Ullrich in ihren „WILDKRÄUTERGARTEN“ , zwecks Bildung und Verfeinerung des eigenen Geschmacks und seiner Geschmacksknospen.

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Was zeichnet eine Wildkräutergärtnerin aus? Zunächst die Liebe zu allem Wilden, Unscheinbaren, aber geheimnisvoll Mächtigen in der Natur. Dazu sind offensichtlich empfindsame Füße als sensitive Erdung und Fühlsame notwendig.

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Angesichts einer für Laienaugen scheinbar sich selbst überlassenen Ackerfläche genügt nicht ein perfekter Auftritt als barfüßige Wildkräutergräfin, um eine Gruppe von Menschen zu bannen, die nicht über die Kenntnis von Omas Küchenkräutern hinaus gekommen sind.

Hinzu muss kommen pädagogisches Geschick, unterlegt mit Wildkräuter-Enthusiasmus.

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Da sind dann schnell weiblicher Beschmückungsimpuls und übliche männliche Skepsis überflüssig.

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Ivonne Ullrich führt uns durch ihren wilden Kräutergarten, benennt Kräuter, lässt sie uns kosten und bereitet so unseren Geschmacksnerven sehr ungewohnte, oft verblüffende Sensationen.

Dazu beruft sie sich auf das reiche Wissen unserer Altvorderen.

Dass Wildkräuter imstande sind 100 Jahre im Boden zu überdauern, ist sicher manchem von uns neu.

Wer kann die vielen Kräuter überhaupt erst einmal wahrnehmen, geschweige denn sie identifizieren – alle diese, um nur einige aufzuführen:

1. Nachtkerze

2. Mohn

3. Hederich

4. Ackerlabkraut

5. Salzmelde ( der Arme-Leute-Salat)

6. Weißer Gänsefuß

7. Lattich

8. Ferkelkraut

9. Spitzwegerich (der nach Champignon schmeckt)

10. Beinwell

11. Johanniskraut

12. Leimkraut

13. Bronzefenchel

14. Berufskraut

15. Franzosenkraut (mit dem höchsten Eisengehalt)

16. Wilder Rucola

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Wer will, ist aufgefordert, die Kräuter zuzuordnen. Für eine sachgenaue Auflösung kann nicht garantiert werden – schlicht aus mangelnder Kenntnis.

Die kann eingeholt werden bei

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Den Abschluss des angewandten Wildkräutergenusses bildete eine Verkostung mit köstlichen Wildkräuter-Gelees und -salzen auf Brot und Butter …

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zubereitet von Ivonne Ullrich.

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Was will uns das sagen, dass für die Zeit unseres Besuches im Wildkräutergarten alle dunkel vollgesogenen Wolken einen großen Bogen um uns herum machten?

Bilder: H. Wünnenberg

Reise in den Märchenwald

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In frühester Jugend waren die angrenzenden Waldgebiete für uns Kinder Orte voll kindlicher Vergnügen. Während die Mädchen sich auf den Lichtungen die gepflückten Blumen in Kränzen ins Haar flochten und vom Märchenwald träumten, knallten wir Jungen mit unseren Zwillen Eicheln gegen die Baumstämme.

In der Schule wurde vom Mythos des Deutschen Waldes geraunt, der mit seinen deutschen Eichen und seinen deutschen Hirschen auf der Welt nicht seines gleichen findet.

Wenn`s hochkommt, ließ uns ein junger Biologielehrer im Frühjahr an hohen Buchen mit dem Stethoskop das Rauschen des Wasser in den Stämmen erlauschen, wobei wir uns gegenseitig versicherten, dass wir ein Mordsrauschen hörten – obwohl jeder unsicher war, ob dort wirklich etwas zu hören war.

Später sang es „Unser Freund der Baum“, wohl um die ständigen Alarmmeldungen vom Absterben des Deutschen Waldes zu übertönen.

Keiner hat uns von den Wundern der Bäume erzählt, z.B. von ihren Fähigkeiten

• miteinander zu kommunizieren, über ihr Wurzelwerk, ihre Düfte, über Pilze,

• sich gegenseitig zu ihrer aller Nutzen zu unterstützen,

• sich während ihres Wachstums auf raffinierte Weise ihre Kräfte einzuteilen.

Keiner konnte uns in unserer Schulzeit erklären, warum ältere Bäume schneller wachsen oder wie die Versorgung mit Wasser in ihnen letztlich funktioniert.

Wald wurde beschränkt auf seine Funktionen Erholung, wirtschaftlicher Nutzen und Jagdvergnügen.

In den letzten Jahren hat das sich stark erweiterte Forschungsfeld um Baum und Wald staunenswerte Ergebnissen produziert, deren anschauliche Theorie und fundierte Praxis in einem seit Monaten auf der Sachbuchbestsellerliste stehenden Buch voller Lesegenuss zu genießen ist.

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(ISBN-13: 978-3453280670 – beim Buchhändler Ihres Vertrauens)

Peter Wohlleben ( nomen est omen) ist der verantwortliche Förster in Hümmel, einer rheinland-pfälzischen kleinen Eifel-Gemeinde, die den größten Teil ihres Gemeindewaldes, ein rund 4000 Jahre alter Buchenwald, „urwäldlich“ erhalten will. Kling märchenhaft – ist es auch. Denn: Dieser Wald erbringt höheren wirtschaftlichen Nutzen als die herkömmlichen Forste – vom ökologischen Gewinn einmal abgesehen.

Dass eine Gemeinde ein großes Stück Natur sich weitestgehend selbst überlässt und sehr gut damit fährt, hat Franz Josef Adrian, ein Streiter für eine ökologische Forstwirschaft in seinem sehr lesenswerten Bericht über Hümmel  ausführlich mit ausgezeichnetem Bildmaterial dargestellt.

In unseren ökologisch rauen Gefilden sind wir`s gewohnt, dass Hecken- und Sträucherwerk entlang von Wegen gegen Februar mit Maschinengewalt zerhauen, gestutzt und geschreddert wird. Wir müssen zusehen, dass mit Kräutern, Gras und Blumen bewachsene „Betriebsgelände“ nach einem „Pflegeplan“ zweimal im Jahr ratzekahl kahl gemäht werden. Manchmal werden gesunde Bäume gefällt, manchmal verschwindet eine mit Steuergeldern bezahlte Streuobstwiese. All das natürlich aus bürokratisch gehärtetem guten Willen, aus Sicherheitsgründen und zur Verkehrssicherheit für überdimensionierte Traktoren und Vollernter – also zu unser aller Wohl: Wir haben`s nun einmal gern reinlich und bequem.

Um wenigstens einmal zu erleben, wie ökologische Erkenntnisse und Vorstellungen sich nicht nur als Visionen (Helmut Schmidt: „Wenn Sie Visionen haben, gehen Sie zum Psychiater!“) sondern in der Realität anfühlen (sicherlich auch, um alte kindliche Märchenwaldträume wieder anklingen zu lassen), haben sich die Triumvirätinnen des Vorstandes unserer kleinen Naturschutzgruppe aufgemacht in die raue Eifel zur Erkundung der naturgemäßen Waldwirtschaft in Hümmel.

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Ihre Eindrücke und begeisterten Schilderungen decken sich mit dem oben erwähnten Bericht von Franz Josef Adrian. Allerdings kamen sie auch mit der Erkenntnis zurück, dass in dem dunklen Tunnel des Interessengeflechtes von Forstwirschaft, ihrer Bürokratie und dem Jagdwesen – und vor allem an fehlendem Wissen und mangelnder Offenheit für die notwendige Ökologie des Waldes ( und der ganzen Natur ) kein Licht zu sehen ist.

Lilien erblühen – eine Meditation zur Nacht

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Lilies time lapse from J. Pahle on Vimeo.

Stille Schönheit

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Aus 100 m Höhe sehen sie aus wie akkurat ausgerichtete Streichhölzer – die gefällten Pappeln entlang des Landgrabens – eine Allee horizontal.

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Was von der vorangegangenen Generation als heranwachsendes Zündholzreservoir gedacht war, liegt nun auf beiden Seiten des Landgrabens – 110 Pappelholzstämme. Eine Zahl, die einem – spaziert man an den Stämmen entlang – gar nicht bewusst wird.

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Und manch einer der gefällten Pappelriesen verbirgt still seine kleinen Schönheiten.

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Bilder: H. Wünnenberg

Herbstzeit lose genießen …

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… sollte auf die kleinen Radtouren durch die sich langsam verfärbenden Wälder und Auen beschränkt bleiben.

Besonders dann, wenn dem verblüfften Auge in feuchtem Grün am Boden zu dieser Zeit diese Pflanze auffällt.

Herbstzeitlose.wFoto: H. Wünnenberg

Ein Krokus im Herbst? Nicht ganz – man nennt diese Pflanze zwar auch Giftkrokus – aber ihr gefährlicher Charakter hat Menschen seit langen Zeiten zu vielen Namen angeregt: Butterwecken, Giftblume, Hahnenklöten, Henne, Hennegift, Herbstblume, Herbstlilie, Herbstvergessene, Hundsblume, Hundshode(n), Hundsknofel, Käsestäuber, Kokokköl, Kuckucksweck, Kühe, Kuhditzen, Kuheuter, Läuseblume, Leichenblume, Michelsblume, Michelwurz, Mönchskappen, Nacktarsch, Nackte Hur, Nackte Jungfer, Ochsen, Ochsenpinsel, Spindelblume, Spinnblume, Teufelsbrot, Teufelswurz, Wiesenlilie, Wiesensafran, Wildsafran, Wilde Zwiebel, Winterhaube, Winterhauch und Zeitlose.

Der deutsche Name Herbst-Zeitlose leitet sich davon ab, dass die Pflanze im Herbst bis in den Oktober hinein und damit außerhalb der Blütezeit anderer Pflanzen blüht.

Wikipedia dazu:

„Der wissenschaftliche Gattungsname Colchicum leitet sich hingegen von einer Landschaft am Schwarzen Meer ab, der Kolchis im heutigen Georgien. Dort soll auch die Heimat der sagenhaften Medea sein, ihres Zeichens Giftmischerin und Zauberin. Vermutlich besteht ein Zusammenhang zwischen den Sagen um eine Giftmischerin in dieser Region und dem dortigen Vorkommen der Zeitlosenart Colchicum variegatum.

Das Artepitheton autumnale ist ein Verweis auf die Blütezeit im Herbst und leitet sich vom lateinischen autumnus „Herbst“ ab.“

Die Herbstzeitlose sprießt zur gleichen Zeit wie der Bärlauch und wächst auch an den gleichen Stellen.

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Bärlauch

Herbszeitlose_wHerbstzeitlose

Wer hier einen falschen Griff tut, dem kann es übel ergehen.

Denn die Herbstzeitlose ist stark giftig und der Verzehr kann lebensbedrohlich sein. Ursache dafür ist das starke Zellgift Colchicin, das heftige Blutungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und gefährliche Herzprobleme auslösen kann. Auch Schwindel, Angstzustände und Delirien sind bekannt. Das Colchicin wird in geringen Dosen als verschreibungspflichtiges Arzneimittel gegen den akuten Gichtanfall eingesetzt. Ansonsten wird Colchicin in der Homöopathie gegen die Beschwerden verwendet, die es auslösen kann.

Sind so kleine Früchte …

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F.Sauer

… und prangen in ihrer nutzlosen Schönheit zur Zeit an einem Baum, versteckt in einer der seltenen Heckenreihen, die die Obersülzer Gemarkung noch aufweisen kann.

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In unseren Tagen, in denen auch die Obstproduktion den vielfältigen Vorschriften einer alles egalisierenden EU-Vorschriftenpraxis unterworfen werden muss, hat dieser Baum – der SPEIERLING – mit seinen fast „nutzlosen“ Früchten als Solitär unter sehr viel Mühen überlebt.

Wer glaubt, dass diese immer mehr wuchernden, alles normierenden Vorschriften, die möglichst alles Solitäre, alle individuelle Vielfalt zugunsten eines zentralistischen kalten Kosten-Nutzen-Kalküls eliminiert, spätestens mit dem Scheitern aller 5-Jahres-Pläne des sogenannten „sozialistischen Lagers“ ad absurdum geführt worden sind, der irrt sich wohl.

Ein Blick zurück zu den Zeiten Karls des Großen. Er ließ vom Orden der Benediktiner bereits eine Landgüterverordnung verfassen, das Capitulare de villis vel curtis imperii. Mit dieser Verordnung wurde  beschrieben, wie das Land, welches der Krone gehörte, bewirtschaftet werden sollte. Altes römisches Agrarwissen wurde rekonstruiert und eingebaut, Pflanzenlisten aufgestellt, die Buchführung in den Krongütern, den Domänen vorgeschrieben – das alles, um die Versorgung des kaiserlichen Hofes in den Pfalzen des Reiches sicher zu stellen.

Auch unser Speierling hatte in diesen Pflanzenlisten als „sorbus domestica“ dort seinen Platz, den er den Römern verdankte, die ihn nördlich der Alpen verbreiteten.

Die Früchte des Sperlings sind gerbstoffreich und nur überreif zu genießen. In der mittelalterlichen Medizin spielte sie als Heilmittel gegen Durchfall und Ruhr eine Rolle.

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Johann Georg Sturm

Heute spielen die Äpfel des Speierlings noch als Zugabe zum Apfelwein im Hessischen oder beim Brennen eines Obstlers eine Rolle.

Weil sein Holz extrem dicht und hart ist, hat es der Speierling schwer, mit seinem ausgeprägten Lichtbedürfnis in dichten bewirtschafteten Waldungen hoch zu kommen. Wenn er solitär steht, kann er bis zu 20 m breite Kronen bei 15 – 18 m Höhenwuchs entwickeln.

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Foto © Baumkunde.de, Bestimmung Habitus im Herbst von Speierling

Weil die Keimlinge des Speierlings stark durch Pilzbefall und Wildverbiss gefährdet sind, hatte sich sein Vorkommen seit mehr als 100 Jahren stark vermindert.

Erst als er 1993 zum „Baum des Jahres“ gekürt wurde, wurde er stark beachtet, seine Keimlinge gezüchtet und vielerorts ausgebracht.

So kamen auch Setzlinge nach Obersülzen, von denen 4 überlebten.

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H. Wünnenberg

Mit dem Setzen mittels eines Spatenstichs ist so eine Aktion nicht getan. Der Setzling muss gegen Wildverbiss mit einem Drahtnetz gesichert werden; zusätzliche Arbeit, die jemand – und das für einen „nutzlosen“ Baum – leisten muss.

Ulrich Heinze hat das in all den Jahren geleistet, in denen er rund um die alte Kläranlage eine grüne Oase – oft auch gegen Verwaltungswiderstände – durch vielhundertfaches Anpflanzen verschiedenster Bäume entstehen ließ.

Und so können wir uns an der Schönheit dieses Baumes mit seinen Früchten erfreuen.

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F.Sauer

Wenn Grillen singen

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So klingt ein Schwarm von Grillen, wenn man eine Tonspur im Original belässt und eine zweite so Schritt für Schritt verlangsamt, dass sie die Dauer eines durchschnittlichen Menschenlebens spiegelt.

Hier hatten wir bereits entdeckt, dass Weinreben auf die Musik von Mozart ansprechen. Dass Pflanzen „tönen“, wenn man ihre Impulse für das menschliche Ohr moduliert, ist seit langem bekannt.Z_Notiz_Höfferl

Christoph Höfferl lässt Pflanzen „singen“.

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